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Die Arbeitnehmerseite – warum so wenig Bewegung trotz Optimismus?
von Mattia Regi am .
Gallup-Daten zeigen: Schweizer sind unzufrieden und optimistisch zugleich – doch fast niemand wechselt den Job.
Der Arbeitsmarkt hat zwei Seiten: Arbeitgeber sind die Nachfrage, Arbeitnehmer das Angebot. Wenn man auf die Angebotsseite blickt, stösst man auf ein Paradox. Menschen sind unzufrieden, sie sagen, es sei ein guter Moment für einen Wechsel – und doch bleibt fast jeder, wo er ist.
Engagement unten, Optimismus oben
Gallup misst jedes Jahr, wie Menschen über Arbeit denken. Das aktuelle „State of the Global Workplace“-Report 2025 zeigt ein klares Bild für die Schweiz:
Nur 8 % fühlen sich engagiert. Das bedeutet: Nur einer von zwölf Mitarbeitenden arbeitet mit wirklicher Begeisterung oder Hingabe.
Gleichzeitig sind 55 % überzeugt, dass es ein guter Moment wäre, den Job zu wechseln. Mehr als die Hälfte sieht Chancen.
Doch nur 22 % denken konkret daran, ihre Stelle zu verlassen. Damit liegt die Schweiz europaweit fast am Ende der Rangliste.
Kurz gesagt: Wenig Freude, viel Optimismus, kaum Bewegung.
Und das ist kein Ausreisser. Gallup erhebt die Daten seit Jahren, und die Kurve für Engagement in der Schweiz zeigt einen beständigen Abwärtstrend. Wir sehen also nicht nur ein aktuelles Stimmungstief, sondern einen längerfristigen Musterbruch.
Was steckt dahinter?
Auf den ersten Blick wirkt das widersprüchlich. Wie kann man gleichzeitig wenig begeistert, optimistisch und doch unbeweglich sein?
Eine Erklärung liegt in den Friktionen, die wir schon beim Matching-Modell gesehen haben. Bewerbungen sind mühsam, Prozesse intransparent, die Unsicherheit hoch. Niemand weiss genau, ob es sich lohnt, ob die Stelle passt, ob der Wechsel wirklich ein Fortschritt wäre.
Dazu kommt die Psychologie. Der Gedanke „Bin ich gut genug?“ oder „Vielleicht ist es woanders auch nicht besser?“ hält viele davon ab, den Schritt überhaupt zu wagen. Stabilität und Sicherheit haben in der Schweiz traditionell einen hohen Stellenwert. Ein Jobwechsel ist nicht nur eine Entscheidung über Arbeit, sondern über Lebensumstände, Beziehungen, vielleicht sogar Wohnort.
Und schliesslich geht es auch um Vertrauen. Viele glauben nicht, dass ein neuer Arbeitgeber wirklich hält, was er verspricht. Zu oft ist der Prozess ein Blindflug: viel Papier, wenig Transparenz, kaum Rückmeldung. Wer einmal schlechte Erfahrungen gemacht hat, zögert beim nächsten Mal noch mehr.
Vielleicht erfassen Umfragen wie Gallup nicht einmal, was für die Schweiz entscheidend ist: dass Menschen nicht primär nach Begeisterung suchen, sondern nach Verlässlichkeit. Dass Passivität kein Zeichen von Zufriedenheit ist, sondern von Zurückhaltung.
Was wir daraus lernen
Für uns war dieser Befund irgendwie überraschen - aber auch nicht. Es fehlt nicht an Motivation, sondern an Bewegung. Menschen bleiben nicht, weil sie glücklich sind, sondern weil die Hürden für den Wechsel zu hoch erscheinen.
Das bestätigt unsere Hypothese: Friktionen halten den Markt fest. Wenn Menschen glauben, es sei ein guter Moment zu wechseln, aber trotzdem nicht handeln, dann stimmt etwas am Prozess nicht. Dann sind es Bürokratie, Kosten und psychologische Barrieren, die sie festhalten.
Genau hier setzen wir an. Wir wollen, dass der erste Schritt klein und einfach wird. Dass man nicht gleich ein perfektes Dossier schicken muss, sondern Interesse zeigen kann – schnell, mobil, niedrigschwellig. Dass Unternehmen sichtbar sind, auch wenn sie gerade nicht aktiv rekrutieren. Und dass Bewerbungen nicht im Nirwana verschwinden, sondern Teil einer Beziehung werden.
Nicht alles davon ist schon Realität. Aber es ist der Anspruch, mit dem wir Jobmaps bauen. Weniger Friktion, mehr Bewegung.
Die Gallup-Daten erzählen eine paradoxe Geschichte: unzufrieden, optimistisch, unbeweglich. Für uns steckt darin eine klare Botschaft: Der Arbeitsmarkt scheitert nicht an fehlender Bereitschaft, sondern an zu hohen Hürden. Je einfacher und lohnenswerter die Suche, desto mehr Menschen wagen den Schritt.
Genau dafür bauen wir Jobmaps – damit Bewegung entsteht. Für Menschen, die arbeiten wollen. Und für Betriebe, die Menschen brauchen.
💡 Info-Box: Gallup 2025 – Schweiz im europäischen Vergleich
Gallup misst jährlich Engagement, Optimismus und Wechselbereitschaft. Die aktuellen Daten für die Schweiz (2025):
Engagement: 8 % – Rang 37 von 38 Ländern (–1 Punkt ggü. 2024)
„Guter Zeitpunkt für Jobsuche“: 55 % – Rang 21 ( +7 Punkte)
Wechselabsicht: 22 % – Rang 37 ( +1 Punkt)
Interpretation: Wenig Freude, viel Optimismus – aber kaum Bewegung.
→ Mehr Infos: Gallup – State of the Global Workplace 2025